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Das Individuationsprinzip ( lat. "principium individuationis" von "individuare" zu "individuus" : unteilbar) bezeichnet das, was die Individualität und Konkretheit des Seienden bedingt und ermöglicht und was die Vielfalt und Verschiedenheit der Individuen erklärt.
Die Individuation - eigentlich: Unteilbarmachung - bezeichnet
Die Frage nach dem Individuationsprinzip wird in allen Philosophien zum Problem, die nicht anerkennen, dass die objektive Realität grundsätzlich durch konkrete und individuelle Formen existiert, insofern das Allgemeine als das Ursprüngliche überbewerten und als den eigentlichen Seinskern im Seienden ansehen. Für diese Lehren entsteht zwangsläufig die Frage, wie es kommt, dass die Arten dennoch nicht als solche, sondern vielmehr in einer mehr oder weniger großen Vielheit von Individuen existieren. Die Antwort darauf gibt das Individuationsprinzip. Es beantwortet also die Frage: Was muss im Seienden zu dem Allgemeinen, das im Begriff erfasst wird, hinzukommen, damit es zu einem Einzelnen konkret wird?
Die Frage nach dem Individuationsprinzip spielte eine große Rolle in der aristotelischen Metaphysik und in den auf diese aufbauenden Systemen der mittelalterlichen Scholastik. Aristoteles hatte die Trennung des Allgemeinen und Einzelnen in der Philosophie Platons zurückgewiesen und das Allgemeine in die Dinge zurückgenommen. Da er jedoch keine richtige Auffassung darüber gewinnen konnte, wie das Verhältnis von Allgemeinem und Einzelnem in den Dingen zu denken sei, entwickelte er seinen Stoff-(Materie-)Form-Schematismus, der den Grundfehler der platonischen Lehre letztlich nicht überwinden konnte. So fasste er die Individuation als Synolon auf, als eine Komposition der Form und des Stoffes. Avicenna hat diesen Zusammenhang in seiner Metaphysik spezifiziert: "Cum enim materia sola principium sit individuationis et nihil sit singulare nisi materia vel per materiam ... dicimus omnes formas potentia esse in materia et per motum educi de ipsa". Die platonische Idee wurde somit zum Begriff der Form, und es blieb die Besonderung des Allgemeinen wie auch seine allgemeine Höherstellung und Höherbewertung. Unter diesen Umständen musste das folgende Problem auftreten:
Wenn sich der allgemeine Arttypus von der Form herleitet, worauf ist dann die Vielfalt der Gegenstände innerhalb der Art zurückzuführen? Auf diese Frage antwortete Aristoteles: es ist der Stoff (Materie), der die Individuation bedingt. Jedes Seiende ist eine Komposition aus Form und Materie, wobei die erstere für das Allgemeine, die letztere für das Individuelle aufkommt (in: Metaphysik, VII, 8). Da diese Auffassung schon zu ihrer Zeit erhebliche Unklarheiten hervorrief, weil es nicht einsichtig war, wie die Materie, als reine Potenz und damit völlig unbestimmt, die Individuation bewirken sollte. Da diese Auffassung erhebliche Konsequenzen für den Wert der menschlichen Person nach sich zog, entstand in der Folgezeit, vor allem im Mittelalter, um das Individuationsprinzip ein langer und heftiger Streit.
In dieser Auseinandersetzung, die naturgemäß sehr eng mit dem Universalienstreit zusammenhing, wurden im Wesentlichen folgende Auffassungen vertreten:
Obwohl in der Lehre des Nominalismus die Frage bereits hinreichend gestellt war, ging auch in der folgenden Zeit die Auseinandersetzung um das Individuationsprinzip bzw. um das sich dahinter verbergende Problem des Einzelnen (d.h. des Individuellen) weiter. In der Philosophie der Renaissance waren es vor allem Nikolaus von Kues, Giordano Bruno, Agrippa von Nettesheim, Johann Baptist van Helmont, Franciscus Mercurius van Helmont, Paracelsus und Valentin Weigel, die das Problem erörterten, wobei sie immer stärker die Eigenständigkeit und den Wert des Individuellen betonten und die überkommene Überschätzung des Allgemeinen und seine metaphysische Trennung vom Einzelnen zurückdrängten.
Einen Höhepunkt und gleichzeitig einen gewissen Abschluss dieser Auseinandersetzung stellten die Lehren von Leibniz dar. In seiner Schrift Über das Individuationsprinzip (1663) setzte er sich mit den vorausgegangenen Auffassungen auseinander und zeigte, dass allein die Nominalisten den richtigen Weg wiesen, während alle anderen Versuche der Lösung dieses Problems der Kritik nicht standhielten. Die Lösung des Problems liegt nach Leibniz in der Anerkennung, dass in der Wirklichkeit nur Individuen existieren, und dass man den Grund der Individuation nicht in irgendeinem Teil der Dinge sucht, sondern die Gegenstände auf Grund ihrer Gesamtentität für individuiert hält. Sein Grundsatz lautete deshalb:
Grundprinzip allen Seins ist nach Arthur Schopenhauers Die Welt als Wille und Vorstellung (1819) der Wille (zum Dasein), der als solcher nicht weiter hinterfragt werden kann. Ist dieser Wille das „Ding an sich“ im Anschluss an Kant, so ist jedes konkrete Seiende, die Ontologie alles dessen, was es in raum- zeitlicher Form gibt, Effekt des „principium individuationis“, das dieser Urwille aus sich entwickelt: Die Welt der Erscheinung, der „Schleier der Maya“. Das Individuationsprinzip ist als Entgegensetzung des einen Willens in die vielen Einzel-Willen Ursache des Leidens und bedarf der philosophischen Durchdringung (Tat Tvam Asi), die in einer ethisch motivierten, gleichsam buddhistischen Verneinung des Willens mündet.
Die Brücke als archetypisches Symbol für das Individuationsprinzip
Siehe auch: Einzelnes, Individuation
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